Am 8. und 9. März 2018 haben sich die SP Schweiz und der SGB im Rahmen einer Podiumsdiskussion und einer anschliessenden Fachtagung in Bern mit Wirtschaftsdemokratie und Mitbestimmung auseinandergesetzt.

An der Abendveranstaltung wurde auf einer grundlegenderen Ebene über die Bedeutung einer Alternative zum gegenwärtigen Finanzmarktkapitalismus diskutiert. Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, betonte, dass eine Demokratie, die die wirtschaftliche Sphäre nicht umfasst, eine „halbierte Demokratie“ bleibt.

Die Fachtagung bot dann einen breiten Überblick über betriebliche Mitwirkung und Mitbestimmung in Deutschland, Italien und der Schweiz. Grundlegende Ausführungen zu den jeweiligen Modellen wurden ergänzt durch Stimmen aus der Praxis aus Deutschland und der Schweiz. Aufbauend auf einer Auslegeordnung der konkreten juristischen Ansatzpunkte skizzierten die Organisator*innen den Handlungsbedarf und erste Leitlinien für ein Schweizer Mitbestimmungsmodell, das alle Branchen und Sektoren der Wirtschaft abdeckt.

SP und Gewerkschaften werden sich gemeinsam für mehr Mitbestimmung einsetzen. Dabei orientieren wir uns an folgenden Punkten:

  1. Sowohl auf gesetzlicher Ebene („Recht auf Mitbestimmung“) wie bei den Gesamtarbeitsverträgen braucht es einen Ausbau und eine Weiterentwicklung der Mitbestimmung (mögliche Themen: Verordnung zum Mitwirkungsgesetz als erster Schritt, Informationsrechte, Personalvertretungen im Verwaltungsrat, Weiterbildungsrechte, verbesserter Kündigungsschutz für Personalvertretungen). Die Mitbestimmung der Mitarbeitenden muss in allen Sektoren und Branchen ausgebaut werden, auch im Gesundheitswesen, den Dienstleistungsbranchen, den Verwaltungen usw. Wir wollen insbesondere auch Frauen und Junge ansprechen.
  2. Diese Verbesserungen müssen ergänzt werden durch eine breite Weiterbildungs- und Informationsoffensive für alle Beschäftigten und die Bildung von Netzwerken. Die einzelnen Personalvertreter*innen müssen für ihre Aufgabe geeignet und qualifiziert sein.
  3. Mitbestimmung im Spannungsfeld zwischen den Interessen der Beschäftigten, der Arbeitgeber bzw. der Unternehmung sowie gesamtgesellschaftlichen Interessen. Reine Betriebsvertretungen sind nicht das, was wir wollen.
  4. Reflexion über die Rolle der Gewerkschaften und der linken Parteien in der Gesellschaft: Ziel ist der sozial-ökologische Umbau des heute dominierenden Wirtschafsmodells (Kapitalismus). Die Ausdehnung von Demokratie und Partizipation, also auch von Mitbestimmung am Arbeitsplatz und im Unternehmen, steht dabei im Vordergrund.
  5. Herausforderung Digitalisierung: Die Arbeit verändert sich, und damit verändern sich auch die herkömmlichen Beziehungen zwischen Arbeitnehmer*innen und Arbeitgebern. Die Digitalisierung muss sozialverträglich umgesetzt werden – ohne Mitbestimmung der Mitarbeitenden geht das nicht. Gleichzeitig bieten die Digitalisierung und die damit einhergehenden neuen Arbeitsformen auch Chancen für mehr Partizipation, insbesondere im Dienstleistungssektor.
  6. Ist der Nationalstaat ein Auslaufmodell? Betriebliche und lokale Einflussnahme ist wichtig, gleichzeitig stehen wir an vielen Orten multinationalen Gesellschaften und global agierendem Kapital gegenüber. Umso wichtiger ist die europäische und internationale Zusammenarbeit der Gewerkschaften und linker Parteien.
  7. Unsere Politik und unsere Positionen basieren auf der Analyse des grundlegenden Widerspruchs zwischen Arbeit und Kapital, der unsere Wirtschaft und Gesellschaft bis heute durchzieht. Die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse müssen sich verändern, wenn wir Demokratie am Arbeitsplatz erreichen wollen.

Alle Dokumente zur Tagung (Programm, Referate) finden sich hier.